Gedanken zum Diesseits und Jenseits vom Gründer des Waldfriedhofs Eifel – ein Interview mit Harry Assenmacher
Harry Assenmacher hat 2013 den Waldfriedhof Eifel gegründet. Elf Jahre und viele Waldführungen später haben wir ihn gefragt, wie er das Projekt heute sieht und wie er mit dem großen Thema des Alterns und Abschiednehmens umgeht.

„Für mich gibt es kein Jenseits. Dazu finde ich das Diesseits viel zu spannend.“
Harry Assenmacher, Gründer des Waldfriedhof Eifel
Wieso haben Sie vor elf Jahren den Waldfriedhof inmitten der Eifel gegründet – wie kam es dazu und was hat Sie angetrieben?
Das sind ja eigentlich schon drei Fragen, aber die sind einfach zu beantworten. Zum einen liegt die Eifel in der Nähe von Bonn, wo ich mit meinem Unternehmen ansässig war und immer noch bin. Zweitens war damals der Förster in der dortigen Gemeinde Peter Wohlleben, zu dem wir eine gute Beziehung über gemeinsame Waldführungen hatten. So kamen wir auf das Thema, dass es alte Buchenbestände in Deutschland gibt, die man in Ruhe lassen sollte. Denn Abholzen und wieder Aufforsten sind ökologisch überhaupt nicht anzuraten und dennoch werden Gemeinden per Gesetz gezwungen, ihre Wälder zu bearbeiten und damit auch zu durchforsten. Tun sie das nicht, droht die Aufsichtsbehörde: Ihr habt da Vermögenswerte und müsst daraus Liquidität entwickeln! Ihr dürft sie nicht einfach stehen lassen. Also haben wir überlegt, aus dem alten Laubwald in Wohllebens Gemeinde Hümmel einen Friedhof zu machen, einen Waldfriedhof. Das Stehenlassen der Bäume bezahlen diejenigen, die dort ihre Grabstätte einrichten. In der Form darf die Gemeinde den Wald stehen lassen. Wir haben uns sofort auf die Suche nach einem sehr schönen Stück Wald gemacht.

Die Motivation war anfangs nicht persönlich. Sie wurde es später, weil ich für meine Familie und mich eine Grabstätte im Waldfriedhof Eifel gekauft habe. Die Motivation bei der Gründung war innerdeutsch-ökologisch: das Schützen von alten Buchen- oder Mischwälder und wie man das ökonomisch sinnvoll umsetzen kann.
Eröffnung des Waldfriedhofs 2013: Harry Assenmacher gemeinsam mit Peter Wohlleben und damaligem Bürgermeister von Hümmel, Franz Peter Schmitz.
Das beantwortet im Grunde schon die zweite Frage, ob Sie es heute wieder tun würden. Aber würden Sie etwas anders machen, wenn Sie könnten, wie Sie wollten?
Ich würde versuchen, den langatmigen Streit mit den Behörden über die Zulässigkeit eines Friedhofs im Wald zu umgehen. Einen Friedhof im Wald einzurichten, mit all den Genehmigungen … – das zog sich über zwei Jahre und war extrem stressig. Ansonsten finde ich alles mehr als okay so.
Jetzt wird es ein bisschen persönlicher. Wie hat sich Ihre Lebenseinstellung in den letzten zehn Jahren verändert? Wie gehen Sie mit den großen Themen des Alterns und Abschiednehmens von Freunden und Eltern, letztendlich mit Sterben, um?
Das hat damals mit dem Waldfriedhof nicht so viel zu tun gehabt. Obwohl ich mit meiner Frau relativ schnell in den Hümmeler Wald gefahren bin. Wir haben uns da gemeinsam für uns und unsere Familie eine schöne Grabstätte ausgesucht, unter dem Aspekt, später eine ruhige Nachbarschaft und einen guten Ausblick in die Eifel zu haben. Ich glaube, so muss man das auch unter Lebenden handhaben, sonst überwältigt einen das Thema. Das ist tatsächlich eine Frage der Lebenszeit. Ich werde jetzt 70 und viele meiner Freunde haben mich inzwischen leider verlassen. In meiner Familie bin ich genetisch ein bisschen bevorzugt. Meine Mutter geht so langsam auf die 100 zu. Herzlichen Dank an die deutsche Chemieindustrie und die Medizin, sonst wäre es wahrscheinlich nicht so.
Natürlich geht man im Alter anders mit dem Thema Tod und Trauer um. Dabei spielt die philosophische Grundeinstellung eine wichtige Rolle, ob man religiös ist oder als Atheist sagt: Danach kommt nichts mehr, da habe ich meine Ruhe.

Diesen Ausblick kann man rund um den Waldfriedhof Eifel genießen.
Oder ob ich darauf warte, dass ich in den wie auch immer definierten Himmel komme. Für die Entscheidung, ob die Bestattung auf einem Waldfriedhof stattfinden soll, ist das – glaube ich – nicht wichtig. Das ist die gleiche Thematik wie Beerdigungen und die Feiern dazu. Die sind für die Lebenden und nicht für die Toten. Das entscheidet man zu Lebzeiten.
Wie stellen Sie sich denn das große Danach vor? Gibt es so etwas wie ein Jenseits?
Für mich persönlich nicht. Ich finde das natürlich ein bisschen beunruhigend. Es ist jedoch nichts, was mir Angst macht. Obwohl ich religiös aufgewachsen bin und auch lebensgeschichtlich aus der katholischen Kirche komme – ich war Messdiener mit allem Drum und Dran und auch mal sehr gläubig. Da habe ich jedoch einen Haken hinter gemacht: Für mich gibt es kein Jenseits. Dazu finde ich das Diesseits viel zu spannend, aufregend und auch zu groß. Ich finde, es gibt so viele große, fantastische Sachen in diesem Universum, dass ich mir nicht noch Gedanken darüber machen muss, ob es einen – einfach ausgedrückt – alten weißen Mann irgendwo im Himmel gibt. Für mich ist das Science-Fiction und ich lasse es mal in mehr oder weniger entspannter Ruhe auf mich zukommen.
Wir werden es alle erleben.
Ja genau, wir kommen alle hier nicht lebend raus.
Zugehörigkeiten zu Kirchen seit Jahren, immer weniger Leute glauben an religiöse Kontexte und entsprechend wandeln sich Trauerfeiern und Rituale ebenfalls …
Religion würde ich allgemeiner fassen. Das andere ist die Kirche, die auf Grundlage eines Offenbarungsbuches einem sagt, wie man zu leben hat, die Vorschriften macht, die eingehalten werden müssen. Das halte ich für sehr irdisch und für eine Betriebsanleitung für ein bestimmtes, kulturelles Leben.
Aber die grundsätzliche Frage ist, ob man davon ausgeht: Gibt es einen irgendwie gearteten Schöpfer, jenseits dessen, was da ist?
Gibt es einen Creator, wie sie im Englischen so schön sagen? Ich sage nein, aber das ist eine ganz persönliche Meinung. Man kann das auch völlig offenlassen und beispielsweise sagen, dass man nicht völlig ausschließen kann, dass es irgendwo Einhörner gibt. Auf dieser Ebene behandle ich das. Es ist nicht völlig auszuschließen, aber für mein reales Leben ist das etwa so virulent wie die Frage, ob es nicht doch irgendwo eine Zahnfee gibt.
Letztendlich verändert sich Kultur aber schon, wenn diese religiösen Kontexte immer weiter in Frage gestellt werden. Das war vor 50 Jahren weniger der Fall als heute. Und so verändern sich auch Beerdigungs- und Abschiedsrituale. Welche Rolle wird der Wald dabei spielen?
Ich sehe das so: Rituale sind sehr wichtig und ich finde das schön. Ich habe sehr gute Freunde, die extrem gläubig sind. Wir können uns auch gut streiten – die Standpunkte sind geklärt – aber es gibt keinen negativen Streit. Rituale sind eine kulturelle Entwicklung, die meiner Meinung nach mit einer individuellen Ablösung von strikten Vorschriften einhergeht, die von Organisationen kommen, das heißt von verschiedenen Religionsorganisationen oder -gruppen. Ich persönlich finde, dass dazu Kunst gehört. Man schaue sich alleine die wahnsinnigen Kunstwerke an, die um das Sterben herum und um das Jenseits entstanden sind! Ob es nun Friedhöfe sind … Der Waldfriedhof ist dabei etwas sehr Natürliches bzw. der Gedanke dahinter, wieder in einen natürlichen Kreislauf einzugehen und dabei by the way noch etwas zu schützen, was man schön findet.

Der Waldfriedhof Eifel im Winter.
Mit dem Waldfriedhof bleibt etwas, wenn wir gehen. Natur und Wildnis.
Ja genau. Wie gesagt, wir kommen alle nicht lebend raus und wir können alle nichts mitnehmen. Insofern ist der Gedanke daran, dass man mit dem eigenen Ableben wenigstens ein bisschen mehr macht als, wie man im Rheinland so schön sagt, „der buckligen Verwandtschaft“ etwas zu hinterlassen, doch ganz schön. Jetzt muss ich ein bisschen PR machen für unseren Waldfriedhof. Ich kenne natürlich viele. Wir alle kennen die anderen Anbieter, es sind viele, das ist auch gut so. Aber ich finde der Waldfriedhof Eifel ist, zu jeder Jahreszeit übrigens, ein sehr schönes Fleckchen.
Am 09. November haben wir wieder eine Waldführung. Was wird denn das übergeordnete Thema der Waldführung sein?
Am besten der Wald. Frontalunterricht muss man dort, mitten im Wald nicht machen. Es wird ein wenig um die Geschichte dieses Waldes, die Geologie, die Bäume gehen und dann hoffe ich, dass wir ins Gespräch kommen. Das macht am meisten Spaß, das miteinander Reden und Erfahrungen Austauschen. Ich habe schon einige Waldführungen gemacht und die waren immer beeindruckend, weil Menschen kommen, um sich bewusst mit dem Thema Tod zu beschäftigen. Ich habe selten Leute gesehen, die das Ganze cool, nach dem Motto „das mache ich jetzt einfach mal“ machen. Da sind Menschen, die sich Gedanken über sich, ihre Zukunft und Vergangenheit, aber auch über den Wald machen.
Wir freuen uns auch drauf! Wenn es genau so warm ist wie jetzt Mitte Oktober, wird es eher eine Herbstführung als Winterführung …
Ich war da oben sogar schon mal im Schneetreiben, das hat auch was. Nur fieser Wind und querhängender Regen könnten die Stimmung trüben, aber das hatten wir noch nicht. Alle anderen Wettersituationen hatte ich dort schon. Und es ist immer sehr schön.

Der verschneite Andachtsplatz im Waldfriedhof Eifel.
Sie wollen mehr erfahren und uns kennenlernen?
Die Termine für unsere Waldführungen in diesem Jahr sind bereits online. Nutzen Sie die Gelegenheit zu einem persönlichen Gespräch und erfahren Sie mehr über unseren Bestattungswald – einem der ältesten Wälder Deutschlands mit echtem Urwaldboden.
Wir freuen uns auf Ihre Anmeldung!

Sie haben Fragen? Wir beraten Sie gerne.
Telefon: 0228 – 943 778-16
(Montag bis Donnerstag von 10:00 bis 15:00 Uhr)
E-Mail: info@waldfriedhof-eifel.de
Waldfriedhof Eifel
c/o Forest Finance Service GmbH
Eifelstr. 14+20
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